Jahresrückblick 2022 BSG2020

K.: Peter, ich möchte Dir heute einige Fragen zur Arbeit in der BSG im Jahr 2022 stellen.

P.: Sehr gerne, Katharina.

K.: Es ist einige Zeit her, dass aktuelle Artikel auf dieser Homepage der BSG eingestellt wurden. Für den Besucher sieht es fast so aus, als habe der Verein 2022 eine Zeit des Stillstands hinter sich. Ist diese Einschätzung richtig?

P.: Mitnichten. Primär sollten wir die Entwicklung des Vereins 2022 an seinen selbst gesetzten Zielen messen. Hierzu heißt es in der Vereins-Satzung:

  1. Organisation von Online-Turnieren und Teilnahme an Online-Turnieren des DSB.
  2. Jugendförderung und Angebote für Senioren (Online).
  3. Online Basis-Schachtraining und Durchführung von weitergehenden Lehrgängen.
  4. Problemlösungsschach.
  5. Akquirieren von Fördermitteln

Ich möchte festhalten, dass bezüglich aller Zielsetzungen gute bis sehr gute Fortschritte erzielt wurden, und erläutere das gerne im Detail.

K.: Das bedeutet?

P.: Moderne Schachvereine sind Sportvereine und stehen in Konkurrenz zu Online- Schachplattformen. Mit dem Ende der Pandemie ist die Fokussierung auf das Online-Schach bei der BSG in den Hintergrund getreten. Daher haben wir Mitte 2022 beschlossen Namen des Vereins von Online Schachclub BSG in Bremerhavener Schach-Gesellschaft OSC zu ändern.

Dieser Schritt war bereits bei der Gründung des Vereins geplant. Wir knüpfen bewusst bezüglich des Namens an, an die im Jahr 2000 aufgelöste Schachgesellschaft Bremerhaven, dem letzten Schachverein in Bremerhaven Mitte. Ich erinnere mich noch, dass ich in 90ger Jahren einmal am Vereinsabend in Geestemünde teilgenommen habe. Ich denke, eine Stadt wie Bremerhaven, braucht gerade im Zentrum einen Schachverein.

K.: Das verstehe ich nicht ganz?

P.: Als Vereinsvorsitzender der BSG 2020 habe ich mich auch im Verband engagiert. Man hat mich angesprochen und ich habe Mitte 2021 das Amt des Landesturnierleiters des Bremer Schachverbandes angenommen. Als Aktiver im Verband hat man eine andere Sicht auf Online-Schach. Das Interesse des Verbandes ist es das klassische Schach und Schachvereine zu fördern. Online-Schach ist nur eine Facette und nicht das primäre Anliegen.

Um es einfach auszudrücken, sieht die BSG heute Ihren Schwerpunkt im klassischen Schachspiel (OTB). Natürlich haben wir auch 2022 aktiv an der Deutschen Schach Online Liga teilgenommen und eine Mannschaft in der 3. Liga gestellt, die nicht abgestiegen ist. Nach Gewinn der DSOL-Meisterschaft in der 5. Klasse (2021), sahen wir das als sehr guten Erfolg an. Immerhin hatten die Mannschaften in der 3. Klasse bereits Landesliga bzw. annährend Oberligastärke.

K.: Interessant. Wie steht es mit der Jugendförderung und den Angeboten für Senioren?

P.: Chancen ergeben sich oft zufällig, wenn man sich aktiv um eine Sache kümmert. Ende 2021 wurde ich angesprochen, ob als Schachtrainer für die Goetheschule, in Bremerhaven Mitte, arbeiten möchte. Man muss dazu sagen, dass die Goetheschule, neben der Karl-Marx-Schule die zweite Schach-Grundschule in Bremerhaven ist. Die Aufgabe reizte mich und nach einigem Zögern nahm ich an. Der zeitliche und nervliche Aufwand um zwölf 2.-4. Klassen mit bis zu 24 Schülern wöchentlich zu betreuen, ist erheblich.

Nach den Sommerferien 2022 hat die Schule den Schachunterricht dann auf AGs umgestellt. Es ist für das Training besser, wenn die Schüler aus eigenem Antrieb sich zur AG anmelden. Dadurch wurden die Gruppen bzw. Klassen etwas kleiner und weniger, der Schachunterricht aber umso intensiver. Im Dezember haben wir dann erstmalig ein Schulschachturnier für alle ausgespielt. Das hat allen Kindern viel Spaß gemacht. Nicht wenige haben sich daraufhin auch beim Schachclub angemeldet.

K.: Wie sieht es denn mit den Mitgliederzahlen aus?

P.: Nachdem feststand, dass wir uns nicht an der DSOL 2023 beteiligen würden, habe ich einige passive Mitglieder abgemeldet. Die Schachfreunde sind alle Mitglieder in einem anderen Verein, so dass es sich hier um Doppelmitgliedschaften handelte. Ich denke diesen Schachfreunden herzlich für zwei tolle Jahre in der DSOL.

Insgesamt ist dadurch die Mitgliederzahl zurückgegangen. Erfreulich ist jedoch, dass wir im Jugendbereich jetzt beachtliche Zugänge durch die Goethe Schule verzeichnen dürfen, wobei annährend die Hälfte Mädchen sind.

Es macht nur Sinn, den Verein wachsen zu lassen, wenn potentiellen Mitgliedern interessante Angebote gemacht werden können.

K.: Woran denkst Du bei den Angeboten? Kannst Du das bitte etwas näher erläutern?

P.: Ich möchte vorausschicken, dass es heute viele Schach-Angebote online gibt. Das fängt bei You Tube Trainingsclips a la Chessence von GM Niklas Huschenbeth und The Big Greek alias IM Georgios Souleidis an, geht über Taktiktraining wie Puzzle Storm auf Lichess bis hin zu Online-Turnieren auf ChessBase, Chess.Com und Lichess.

Übrigens hat auch der Niedersächsische Schachverband eine ausgezeichnete Reihe von Online Schachangeboten, die meist Mittwoch oder am Wochenende präsentiert werden. In der Regel kommen hier erfahrende Verbandstrainer C zum Einsatz.

Für den Online Schachclub wäre es naheliegend ein Online-Schachtraining zu entwickeln. Allerdings hätte das Allstellungsmerkmal gefehlt und ich glaube nicht, dass sich ein solches Angebot erfolgreich hätte platzieren lassen.

Mitte 2022 zeichnet sich das Ende der Pandemie ab und ehrlich gesagt, schien der Bedarf an mehr Online-Schach bis zu einem gewissen Grad gesättigt zu sein. Als Bremer Landesturnierleiter war ich in dieser Phase überwiegend damit beschäftigt, den klassischen Spielbetrieb, d.h. die Mannschaftswettkämpfe der fünf ‚Bremer Ligen‘ sowie die Landesmeisterschaft im Einzel, Blitzschach und den Dähne Pokal nach ein bis zwei Jahren Pandemie-Auszeit wieder in Gang zu setzen bzw. unter Pandemiebedingungen aufrecht zu erhalten.

K.: Das sind aber keine direkten Angebote der BSG.

P.: Stimmt. Ein Angebot an Vereinsmitglieder muss heute qualitativ gut sein muss, um die Menschen vom PC zuhause wegzulocken, so dass Sie gerne am Spielabend teilnehmen.

Es gibt in Bremerhaven nur ein paar Dutzend aktive Schachspieler, die alle in den Vereinen Leherheide, Stotel/Loxstedt und der BSG organisiert sind. Da die BSG nur wenige aktive Spieler hat, nehmen wir in einer Spielgemeinschaft mit Stotel/Loxstedt am Spielbetrieb teil.

Es war klar, dass die BSG als neuer Verein nicht antritt, um aktive Spieler von anderen Vereinen abzuwerben. Andererseits braucht ein Schachsportler mehrere Jahre, um auf ein Niveau zu kommen, um in den Bremer Ligen erfolgreich mitzuspielen.

Die einzige Möglichkeit für die BSG zu wachsen, ist Spieler selbst auszubilden. An der Stadtbibliothek wurden von Frühjahr bis kurz vor Weihnachten unter dem Arbeitstitel ‚Schach Cafe‘ zwölf Schach-Veranstaltungen für alle Altersgruppen durchgeführt. Die Besucherzahl war schwankend und reichte von null bis acht. Insgesamt bin ich mit dem Interesse aber sehr zufrieden. Die Zusammenarbeit mit der Leiterin der Stadtbibliothek, Frau Schmidt, war angenehm und Sie hat das Projekt sehr unterstützt. Mal sehen; ich denke, wir setzen das Schach Cafe in der Bibliothek im Herbst mit einigen Folgeveranstaltungen fort.

Ab 02/23 wird es auch an der VHS zwei Schachkurse geben, die von Mitgliedern der BSG getragen werden. Man darf nicht unterschätzen, dass es einer sehr langen Vorlaufzeit und erheblicher Überredungskünste bedarf, um solche Angebote zu entwickeln und einzuführen. Obwohl ich die Idee zu solchen Angeboten schon 2020 hatte, hat es dann praktisch bis zu zwei Jahren bis zur Umsetzung gedauert. Man kann so etwas nur mit ausgesprochener Geduld und Zähigkeit angehen. Natürlich kamen die allgemeinen Umstände (Pandemie) erschwerend hinzu.

K.: Gibt es weitere Angebote?

P.: Leider hat auch das Interesse am Spielabend, den unsere Spielgemeinschaft regelmäßig am Donnerstag im Billiard Snooker’s veranstaltet, 2021 und 2022 durch die Pandemie gelitten. Das soll sich nun wieder ändern.

Peter Bindrim, der Betreiber des Snooker’s, hat mir angeboten, die Räumlichkeiten Donnerstag zwischen 16:00 und 18:00 Uhr – vor dem Mannschaftstraining – exklusive für das Jugendtraining der BSG zu nutzen. Es liegen bereits zahlreiche Anmeldungen vor. Um die Qualität des Trainings sicherzustellen, ist die Teilnehmerzahl zunächst auf zehn begrenzt. Wir arbeiten dabei State of the Art mit Beamer, Laptop und moderner Software, aber auch mit dem Demobrett und natürlich mit richtigen Schachbrettern.

Ab 18:00 gibt es dann ein öffentliches, kostenloses Training im Snooker‘s, an dem auch Gäste sehr gerne teilnehmen können. Das Training richtet sich an Spieler der Spielstärke ab DWZ 1.300 und basiert auf der Jussupow Reihe Tigersprung DWZ 1.800. Für reine Anfänger ist dieses Training eher nicht geeignet.

Übrigens habe ich in Herbst an fünf Wochenenden in Hannover den Trainer C-Schein Schach- Leistungssport erworben. In diesem Seminar ging es 120 Std. lang um die Frage: Wie gestaltet, ich ein modernes und effizientes Schach-Training heute? Wie bereits gesagt, müssen Schachangebote qualitativ hochwertig sein, um gegen die Konkurrenz der Internet-Plattformen bestehen zu können. Das Training orientiert sich im wesentlichem am Rahmentrainingsplan des Deutschen Schachbundes, das eine mehrjährige Ausbildung angehender Schachspieler vorsieht.

Nochmal: Schach ist eine anerkannte Sportart, die man auch unter Leistungssportgesichtspunkten ausüben kann. Natürlich steht für die meisten von uns, der gesellschaftliche Aspekt und die Geselligkeit im Vordergrund, aber den ein oder andere Fide Meister lebt sicher schon in der Stadt, weiß es aber noch nicht.

E: Das war jetzt sehr geballt. Kannst Du das Gesagte für den Leser noch mal zusammenfassen?

P.: Ich hatte die Ziele des Vereins eingangs erwähnt. Erwähnen möchte ich noch, dass wir durch eine größere Spende in der Lage waren, für den Verein ein gute Grund-Ausstattung was Technik, Spiel- und Lehrmaterial anzuschaffen, was bei der Durchführung von Schulungen und Veranstaltungen Schulungen sehr hilfreich ist.

Geplant ist nun im 1. Halbjahr mit der Jugendgruppe möglichst Turniere zu besuchen, damit die Kinder praktische Turnier-Erfahrungen sammeln können. Bei der Jahreshauptversammlung des Vereins Ende Juni werden wir dann eine erste Bilanz ziehen und neue Wachstumsziele für die Saison 23/24 festlegen.

K.: Danke für diese interessanten Einblicke in die Bremerhavener Schachszene.

Das Interview wurde am 15.01.23 von Katharina Utsou Ablawi mit unserem 1. Vorsitzenden Peter Frei geführt; der Artikel wurde von Emanuel Frei, dem 2. Vorsitzenden der BSG, erstellt.