Zum Schiedsrichter-Lehrgang mit Dirk Rütemann

Interview mit unserem Vereinsvorsitzenden Peter Frei

E.: Wie würdest Du Deine Erfahrungen als Turnierleiter beim gestrigen Qualifikationsturnier zur DSEM 21 des Bremer Verbandes zusammenfassen?

P:  Danke für die Frage, Emanuel. Also erst mal war das für einen nicht ausgebildeten Schiedsrichter und Landesturnierleiter eine prima Übung. Wenn Du mehr über das Turnier lesen möchtest hier. Die Teilnehmer waren supernett und haben mir keine Steine in den Weg gelegt. Einige meinten sogar ich hätte das gut gemacht, was mich natürlich freut.

Insgesamt war die Veranstaltung für mich sehr entspannt. Ich habe während des Turniers viel in einer interessanten Lektüre über das Schachspiel in Bremen und Bremerhaven gelesen, wie man auf dem Bild sieht.

Als Vorbereitung für den Schiedsrichterlehrgang ist so ein kleines Turnier ideal. Natürlich habe ich vorher schon mal ein bisschen geübt. Ich hatte das große Glück, dass Jürgen Kohlstedt, einer unserer besten Turnierleiter Deutschlands, sich dazu bereit erklärte, Ihm bei der der Norddeutschen Mannschafts-Schnellschachmeisterschaft 2021 in Ülzen ein wenig über die Schulter zu sehen. Eine Erfahrung für mich von unschätzbarem Wert.

Letztlich blieb mir die Überreichung des Pokals, dann leider nicht erspart. Gerne hätte ich das an den Vorsitzenden des Verbandes, Dr. Oliver Höpfner, abgegeben. Aber Oliver meinte, ich sollte das schon mal üben (im Bild rechts bei der Übung).

Ich möchte anmerken, dass die ehrenamtliche Tätigkeit als Landesturnierleiter viele interessante Einblicke in das Schachleben in Deutschland gewährt, die ich zwar nicht missen, aber Interessierten weiterempfehlen möchte.

E: Du nimmst im November am Schiedsrichter Lehrgang (Schach) von Dirk Rütemann, einen unserer im Deutschen Schachverband erfahrenen Schiedsrichter, teil. Das klingt spannend. Wie kam es dazu.

P: Im Juni sprach mich der der Bremer Schachverband, zu dem ich seit Beginn des Jahres 2021 ein sehr freundschaftliches Verhältnis hatte, an und fragte mich, ob ich Interesse an einer ehrenamtlichen Tätigkeit hätte. Der Verband hat mich beim Aufbau des Online Schachclubs unterstützt. Die Funktion des Landesturnierleiters war für den Verband schwer zu besetzen. Da ich 60 Jahre Schach spiele, fühlte ich mich da in Pflicht genommen und willigte ein. Gerne hätte ich einem Jüngeren den Vortritt überlassen. Aber das Kandidatenfeld (=1) war ziemlich überschaubar.

E: Na ja, aber Schiedsrichter und Turnierleiter ist doch was anderes, oder?

P: Ja und nein. Qua Amtes ist der Landesturnierleiter berechtigt auch die Schiedsrichterfunktion auszuüben.

Der Turnierleiter ist zunächst für die Koordination und Kommunikation zwischen Spielern, Veranstaltern und Schiedsrichtern verantwortlich, sowohl für Einzel- als auch für Mannschaftswettkämpfe. Da ich Ähnliches als Projektleiter jahrzehntelang gemacht habe, sah ich darin kein inhaltliches kein Problem. Aber man darf natürlich den zeitlichen Aufwand nicht vernachlässigen. Das geht leider zu Lasten des Vereins (‚Bremerhavener Schach-Gesellschaft -Online Schachclub‘).

Der Turnierleiter macht zunächst die Ausschreibung der Turniere und gibt diese über eingespielte Kanäle bekannt. Er schreibt Vereine an und veröffentlicht das Wesentliche -Turniere betreffend – auf der Homepage des Verbandes. In Bremen sind das Landes-, Schnellschach- und Blitzmeisterschaft sowie Pokal und natürlich die Mannschaftswettbewerbe der Bremer Ligen: Stadtliga und A- bis D-Klasse.  Das ‚Thema Turniere der Frauen‘ kommt noch dazu.

E: Das ist etwas weitschweifig, beantwortet aber meine Frage nicht. Wo ist der Bezug zum Schiedsrichterlehrgang.

P: Nach dem Papierkram kommt die praktische Durchführung. Ein Turnier startet immer mit Spielern, Schiedsrichtern und Unterstützern des Veranstalters. Aber bei den Verbandsturnieren ist der Turnierleiter im Boot, weil er der 1. offizielle Vertreter des Verbandes beim Turnier ist. Natürlich nehmen andere Vertreter des Verbandes auch partiell am Turnier teil, aber zunächst ist der Turnierleiter die Nummer 1 des Verbandes beim Turnier. Er macht dann gelegentlich auch die Siegerehrung, es sei denn der Vorsitzende des Verbandes ist anwesend. Dem lasse ich gerne den Vortritt. Zuviel Medienpräsenz ist nicht mein Ding. Ich halte mich lieber zurück.

Aber um auf Deine Frage einzugehen: der Turnierleiter ist berechtigt, zweitinstanzlich die Entscheidungen der Schiedsrichter zu überprüfen, zu entscheiden und insofern ist es wichtig, dass er die FIDE Regel, die ja die Grundlage der Entscheidungen sind, genau kennt.

E: Bei den vielen Jahren, die Du Schach spielst, solltest Du doch wenigstens die Regeln kennen.

P: Na ja, da hat sich in den letzten 35 Jahren einiges verändert. Als ich mich vom Turnierschach vorübergehend zurückzog, hat man mit Schachuhren mit Fallblättchen gespielt und die Standard-Bedenkzeit für eine Partie war 2 ½ Stunden für 50 Züge. Manchmal habe ich bis zu sieben Stunden an einer Partie gespielt und nach sieben 7 Stunden wurde abgebrochen, es gab eine Hängepartie, die dann an einem anderen Tag weitergespielt wurde. Da hat sich einiges geändert; abgesehen davon, dass es heute elektronische Schachuhren und die Fischer Bedenkzeit mit Zeitzuschlag pro Zug gibt.

Ich will Dir mal ein Beispiel nennen. Gestern hat der Bremer Landesverband ein Qualifikationsturnier ausgetragen für die Deutsche Schnellschach-Einzelmeisterschaft. Das erste Problem bei der praktischen Durchführung, für mich als Turnierleiter war: Einen Schiedsrichter für das Turnier zu finden. Zusammengefasst ne Menge Schreibkram und kein Ergebnis. Also was machen?

E: Und was hast Du gemacht?

P: Kurz gesagt: Ich machte es selbst. Aber es ist schon ein Problem, wenn man das Gefühl hat, man kennt die aktuellen Regeln nicht 100%. Es kann zu Situationen kommen: da steht man, wie der Ochs vorm Berg.

Ein Praxisbeispiel aus dem gestrigen Turnier: „Ein Spieler macht einen irregulären Zug, übersieht dass er im Schach steht, zieht eine andere Figur, ohne das Schach aufzulösen. Der Zug ist ausgeführt, sein König steht immer noch im Schach. Frage: Hat der Spieler verloren oder darf er den Zug zurücknehmen?“

Die Spieler fragten mich und wir waren uns einig, dass auf Verlust zu erkennen sei; übrigens war das einmal eine gültige Regel im Blitz, bis sie wieder abgeschafft wurde. Die Situation in der Partie hat sich dann, Gott sei Dank, in Wohlgefallen aufgelöst, weil der Spieler des unkorrekten Zuges die Partie aufgab. Seine Stellung war vorher hoffnungslos verloren.

Im Nachhinein ergaben die Regeln der FIDE aber eine andere Regelauslegung, die ich mit kompetenter Stelle diskutiert habe. Jeder kann das in den FIDE Regeln nachlesen. Daher will ich das Ergebnis hier nicht verraten. Was ich sagen will: Ein Schiedsrichterlehrgang für den Turnierleiter ist sicher nicht verkehrt.

E: Danke für das Interview

Das Interview wurde geführt von Emanuel Frei. Die Bilder wurden freundlicherweise von Olaf Steffens (Werder Bremen) zur Verfügung gestellt.